Autonom, elektrisch, sicher? Der ID. Buzz AD (2024)

Die Vision vom autonomen Fahren könnte in Deutschland bald realer werden: VW will den selbstfahrenden ID. Buzz AD Ende 2025 auf die Straße bringen. Der ADAC war im Prototyp im Münchner Umland unterwegs.

  • VW ID. Buzz AD: Einsatz als autonom-elektrisches Sammeltaxi

  • Hightech durch Kameras, Lidar und Schwarmintelligenz

  • Wie ausgereift ist das Konzept? Und wie sicher die Fahrt?

Es sind zwar noch keine Flugtaxis am Himmel zu sehen, doch auf dem Boden könnte eine andere, lang gehegte Utopie bald Form annehmen: Zumindest wenn es nach VW und seinem Tochterunternehmen Moia geht, könnten Fahrgäste Ende 2025 in autonom fahrenden Sammeltaxis unterwegs sein. Genauer gesagt im VW ID. Buzz AD ("Autonomous Driving"), der aktuell noch als Prototyp seine Testrunden dreht.

Schon auf der IAA 2021 hatte die Nutzfahrzeugsparte von VW den selbstfahrenden Buzz vorgestellt, seitdem schraubten die Ingenieure zusammen mit der amerikanischen Firma Argo AI und neuerdings mit dem israelischen Unternehmen Mobileye an der Technik. Auf der IAA 2023 öffneten sich die Schiebetüren des ID. Buzz AD nun erstmals für Passagiere. Wie ist das Mitfahrerlebnis im autonomen Prototypen?

ID. Buzz AD: Neue Technik, altbekannter Stil

Zumindest im Innenraum hat man erst einmal nicht das Gefühl, an einer Innovation teilzuhaben: Vorne links ist das altbewährte ID.-Buzz-Lenkrad verbaut, das in der Endversion fehlen soll. Hinter diesem sitzt im Testshuttle ein Sicherheitsfahrer, der jederzeit eingreifen kann, wenn das noch nicht fertig entwickelte System einen Fehler machen sollte.

Noch etwas erinnert im elektrisch-autonomen Bus eher an ein ganz normales Taxi: der Fahrstil. Denn der Computer steuert wie ein abgebrühter Taxifahrer, und zwar wie einer, der es eilig hat. Der Bus beschleunigt überraschend schnell, biegt straff in Rechtskurven ein und bummelt nicht an Ampeln.

Durchaus Absicht, wie Christian Senger als Verantwortlicher für autonomes Fahren bei VW Nutzfahrzeugen, erklärt. "Zügiges Fahren vermittelt auch anderen Verkehrsteilnehmern mehr Sicherheit." Zögerliches Anfahren an der Ampel oder eine Schleichfahrt vor der Kurve könne zum Beispiel andere eher verunsichern oder sogar verärgern.

Ansonsten hält sich das Fahrzeug stets streng an die Vorgaben der StVO: Das Tempolimit wird nicht überschritten, durchgezogene Linien um keinen Millimeter überfahren, Abstände korrekt eingehalten. Dass dies nicht zu einer unnatürlichen Zuckelei führen muss, merkt man bei einer Überholsituation auf der Landstraße: Zwei Fahrradfahrer radeln hintereinander am Straßenrand, der ID. Buzz AD windet sich flugs zwischen ihnen und dem Gegenverkehr hindurch. So manch menschlicher Lenker wäre in dieser Situation unsicher geworden oder hätte vielleicht sogar riskanter überholt.

Hightech-Sensorik mit Lidar, Radar, Kamera

Und das ist auch Sinn und Zweck der Übung. Autonomes Fahren soll laut Senger nicht nur genauso sicher wie mit Menschen am Steuer sein, sondern das Sicherheitsniveau erhöhen. Maschinen lassen sich nicht durchs Handy ablenken, fahren nicht übermüdet oder alkoholisiert und nehmen ihre Umgebung teils besser als Menschen war: Elf Radarsensoren, sechs Lidars und 14 Kameras erfassen ständig nahe und bis zu 400 Meter entfernte Objekte in der Umgebung.

Für die exakte Kartierung greift VW auf die Schwarmintelligenz seiner Fahrzeuge zurück. Neue VW-Modelle wie etwa der ID. 4 und ID. 5 erfassen durch ihre Sensoren sekündlich überall in Deutschland Straßen, Landschaft und das Fahrverhalten anderer Verkehrsteilnehmenden, laden die Daten in eine Cloud, wo der autonome Buzz dann auf sie zugreift. So entsteht ein ständiger vernetzter Lernprozess anhand realer Verkehrssituationen.

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Level-up für autonomes Fahren

Autonom, elektrisch, sicher? Der ID. Buzz AD (3)

Das System kann daher auch flexibler auf neue Verkehrssituationen reagieren. Eine Verengung der Fahrbahn durch eine Baustelle oder neue Straßenmarkierungen werfen den ID. Buzz AD also nicht aus der Bahn, weil sie schnell im Datensatz hinterlegt sind und er noch dazu das reale Verhalten menschlicher Fahrerinnen und Fahrer imitieren kann.

Dass der Verkehrsalltag dem hochtechnisierten Kleinbus zuweilen dennoch überfordert ist, wird beim Linksabbiegen auf einer Vorfahrtsstraße erkennbar: Das entgegenkommende Fahrzeug ist zu weit in die Kreuzung gefahren, links gehen Fußgänger. Zu viel für den Buzz AD. Er bleibt auf der Straße stehen und muss manuell aus seiner Blockade befreit werden.

Auch solche Sonderfälle, in denen nicht alles glatt läuft, muss das Fahrzeug in Zukunft selbst lösen können, betont Senger. Bei sehr speziellen Situationen, etwa wenn der Verkehr wegen einer defekten Ampelschaltung durch die Polizei geregelt wird, werde die Technik aber auch künftig an ihre Grenzen stoßen.

Im Shuttle-Einsatz gibt es für den Notfall deshalb eine Leitstelle, die das Auto aus der Ferne aus brenzligen Situation herausmanövrieren kann. VW verspricht für den selbstfahrenden Neuling autonomes Fahren nach Level 4, wobei viele Eigenschaften von Level 5 schon mit abgedeckt sind. Das Einsatzgebiet des Busses ist allerdings begrenzt, aus einem vorgegeben Gebiet kann er sich nicht entfernen. Unter den aktuellen Fahrzeugen auf dem Markt beherrschen erst Mercedes S-Klasse und EQS autonome Fahrten auf Level 3.

Moia: Autonome Sammeltaxis ab 2025?

Auch wenn sich eine Fahrt im selbstfahrenden Buzz jetzt schon sicher, größtenteils reibungslos und erstaunlich routiniert anfühlt, dürfte VW die Arbeit bis Ende 2025 nicht ausgehen. Denn dann oder spätestens Anfang 2026 sollen die autonomen Busse in Hamburg unterwegs sein.

Und das Ridepooling-Angebot von Moia ergänzen: Fahrgäste können sich zu einer virtuellen Haltestelle begeben, wo sie von einem VW eingesammelt werden und mit anderen Passagieren zu einem Ziel innerhalb der Stadt befördert werden. In Hamburg ist diese elaborierte Form des Sammeltaxis inzwischen sogar offizieller Teil des ÖPNV. Noch allerdings mit Fahrer. VW will damit seinen Teil zur nachhaltigen und vernetzten Mobilität beitragen, dürfte sich durch die eingesparten Gehälter für Fahrerinnen und Fahrer aber auch positive Effekte auf die eigene Bilanz versprechen.

In Städten wie San Francisco, Phoenix, Peking und Shenzhen gibt es solche autonom fahrenden Shuttle- und Taxiservices schon, in Deutschland wäre der VW-Dienst aber eine absolute Neuheit. München ist als Einsatzort erst einmal kein Thema für Moia, auch wenn hier bereits Testfahrten stattfinden.

Hier finden Sie noch mehr Infos zum Stand der Technik des autonomen Fahrens.

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